Achtsamkeit – speziell zur Weihnachtszeit

Achtsamkeit – speziell zur Weihnachtszeit

Wenn die Achtsamkeit etwas Schönes berührt, offenbart sie dessen Schönheit.
Wenn sie etwas Schmerzvolles berührt, wandelt sie es um und heilt es.

~ Thich Nhat Hanh, Das Glück einen Baum zu umarmen

Ich freue mich sehr, dass meiner Einladung zu einer kleinen Auszeit namens „Weihnachtliche Achtsamkeit“ in der Lebensgreisslerei einige TeilnehmerInnen gefolgt sind und dass unsere gemeinsame Zeit eine so stimmige, für alle Seiten bereichernde und gemütlich-achtsame war 😊

In diesem Blog-Eintrag möchte ich nochmals ein paar der letztens erwähnten Punkte nennen, um vielleicht auch auf diesem Weg so manche/manchen zu einer fröhlicheren und gelasseneren vorweihnachtlichen Stimmung zu inspirieren – if it doesn’t work, at least it won’t hurt 😉

Was versteht man eigentlich unter Achtsamkeit?

Achtsamkeit bedeutet, mich selbst – meinen Körper, meine Gefühle, meine Gedanken – und meine Umwelt mit allen Sinnen bewusst wahrzunehmen und gleichzeitig wertfrei zu bleiben.

Die Autorin Doris Iding spricht in ihrem sehr empfehlenswerten Buch „Der kleine Achtsamkeitscoach“[1] von vier Grundhaltungen der Achtsamkeit:

  1. Annehmen, was ist: bedeutet nicht, Ja und Amen zu allem zu sagen; es geht darum, nicht zu kämpfen, sondern wertfrei, interessiert und offen bleiben; und zugleich Konsequenzen aus Wahrgenommenem zu ziehen.
  2. Nicht bewerten: der Mensch neigt dazu, sich ständig mit anderen zu vergleichen – so kann eine subjektive Sicht mit der Realität verwechselt werden. Treten wir also durch Achtsamkeit einen Schritt zurück und sehen mit etwas Distanz auf die Situation.
  3. Absichten loslassen: Dinge um ihrer selbst willen tun! Es geht nicht um das Ziel, sondern um das Innehalten, darum sich selbst zu spüren und im Jetzt anzukommen.
  4. Geduld üben: so werden wir im Umgang mit uns selbst wie auch mit anderen entspannter und großzügiger. Achtsamkeitspraxis unterstützt dabei.

Wir Menschen sind so gepolt, Situationen automatisch in „mag ich“ oder „mag ich nicht“ einzuteilen.

Damit einhergehend sind Habenwollen und Widerwille die zwei Verhaltensmuster, die laut Buddhas Lehren Leiden hervorrufen. Mit Achtsamkeit können wir den Geist jedoch beruhigen dieser wird im Buddhismus mit einem jungen Hund verglichen, der erst einmal zu erziehen ist, damit er nicht davonläuft oder Chaos anrichtet – ein sehr stimmiges Bild, wie ich finde 😊

Bedenken wir: Gedanken sind keine in Stein gemeißelten Wahrheiten! Allein durch das Benennen meiner Gedanken kann ich Abstand gewinnen und mithilfe von Achtsamkeit die Zeitspannen meiner inneren Dramen und Gedankenkaskaden verkürzen.

Wie wir wissen, beeinflussen Gedanken und Gefühle einander wechselseitig. Wir nehmen unsere Gefühle als absolut real wahr, können durch achtsamen Umgang damit jedoch lernen, sie zu erkennen, zu benennen und sie auszuhalten – ohne uns mit ihnen zu identifizieren. So gelingt es uns in weiterer Folge auch eher, sie wieder loszulassen.

Oft ist man gedanklich bereits bei der nachfolgenden Tätigkeit, meinend, man würde so Zeit sparen (z.B. Duschen und dabei an den anschließenden Termin denken) – ein Trugschluss. Man spart keine Sekunde ein, macht eher Fehler und bringt sich selbst gleichzeitig um schöne Momente in der Gegenwart. Und oft hängt man Vergangenem nach, was man hätte anders machen können und dergleichen – auch das ist schlicht und einfach nicht sinnvoll, und ein achtsamer Umgang mit uns selbst kann uns aus solchen Gewohnheiten herausholen.

Achtsamkeit ist also nicht nur Entspannung oder ein wohliges Gefühl – ich kann auch wahrnehmen, dass es mir gerade nicht so gut geht, dass mich beispielsweise gerade etwas innerlich stresst (z.B. Weihnachtseinkäufe erledigen). Wenn ich beispielsweise wieder das lange Zeit hoch gepriesene Multitasking betreibe, merke ich, dass ich statt mehr in der selben Zeit tatsächlich weniger schaffe, selten Dinge zu Ende bringe (das ist unbefriedigend, denn eigentlich möchte der Mensch Zyklen beginnen, das zu Erledigende tun und dann wieder abschließen) und somit unzufrieden mit mir selbst und meinem Tagesablauf werde.

Auch in solchen Fällen kann ich achtsam mit mir sein, indem ich meine Unruhe einfach einmal wahrnehme. Sobald ich in die Rolle des inneren Beobachters schlüpfe und nicht mehr gegen das Ungewollte ankämpfe, kann ich anders damit umgehen – ich reagiere dann möglicherweise nicht aus dem Affekt, wobei ich mich anschließend vielleicht über meine Reaktion ärgere, sondern agiere ein Stück weit aus dem Blickwinkel des Beobachtenden darauf und somit angemessener, aufmerksamer und vielleicht auch liebevoller.

In Bezug auf die Weihnachtsaktivitäten könnte ich also wahrnehmen, dass mich der damit verbundene Trubel gerade nervös macht. Wahrnehmen, ohne zu werten und ohne das Gefühl gleich wieder los werden zu wollen, und den Gedanken wieder ziehen lassen… Ich könnte sogar einen Schritt weiter gehen und denken, dass ich Glück habe, mich gerade in einem warmen Gebäude zu befinden, dass ich finanziell in der Lage bin, Geschenke zu kaufen, dass sich meine Lieben über meine Geschenkideen hoffentlich sehr freuen werden, und vieles mehr – so kann ich aus einem Minus ein Plus machen, wiederum ganz bewusst 😊

Auf jeden Fall kann ich erst dann etwas an einer Situation oder einem Lebensumstand verändern, wenn ich mich bewusst damit auseinandersetze – das kann zuweilen schmerzvoll sein, aber den Vorteil haben, uns Wege zu Veränderung aufzuzeigen.

 

NUTZEN von Achtsamkeit [2]

Regelmäßige Übung von Achtsamkeit kann physisch und psychisch nachhaltigen Nutzen bringen wie

  • Mehr Ruhe und Entspannung (z.B. traditionelle Gehmeditation, speziell bei innerer Unruhe)
  • Gesteigerte Energie und Lebensfreude > höhere Lebensqualität
  • Ein höheres Maß an Selbstvertrauen und Selbstakzeptanz > durch besseren Kontakt mit mir selbst und meinen Potenzialen, mit meiner Einzigartigkeit!
  • Geringere Anfälligkeit gegenüber Stress, Krankheit und Angst – da der Körper sich die Regeneration nicht erst durch Kranksein holen muss, sondern durch Achtsamkeit ohnehin immer wieder auftankt
  • Größeres Mitgefühl mit uns selbst, mit anderen und auch unserer Mutter Erde

Im Jetzt zu sein ermöglicht, das Leben tatsächlich zu leben, statt es nur an sich vorbeirauschen zu lassen – ohne schlechtes Gewissen, Zeit zu „verschwenden“. Besonders bezogen auf die Weihnachtszeit wünschen wir uns doch eigentlich, diese schönste Zeit des Jahres wirklich genießen zu können, mit allem, was dazu gehört: dem Strandeln, dem gemeinsamen Essen, vor allem aber die Zeit mit jenen Menschen, die uns am meisten am Herzen liegen.

Es geht also darum, sich zu entscheiden, wirklich präsent zu sein. Verzichte ich z.B. auf eine aufgeräumte Küche, um die Zeit lieber mit meinen Gästen zu verbringen?

Einfach sein: aus dem Zustand des Tuns in jenen des Seins überzugehen bringt uns in die Lage, die Dinge so anzunehmen, wie sie sind. Wiederum: ich muss jetzt nicht dieses und jenes erledigen, ich setze mich gemütlich zu den anderen und bin einfach da. Als Mama, als Papa, als Schwester, Bruder, als Tochter,…

Annehmen und agieren: Achtsamkeitsübungen beschäftigen Geist und Körper, helfen loszulassen und führen allmählich zu Gelassenheit und innerem Frieden zurück. Eine gute Möglichkeit wäre, eine davon VOR dem Eintreffen der Gäste zu machen 😉 So ist man innerlich gewappnet für alles, das da kommen mag.

Dankbarkeit und achtsames Mitgefühl sich selbst gegenüber sind heilsam und schenken inneren Frieden. Dankbarkeit stellt sich ganz von alleine ein, sobald wir uns all den kleinen, schönen Dinge in unserem Leben bewusst zuwenden. Ich sehe den Nadelbaum und merke, wie wunderbar er duftet! Ich freue mich über die Christbaumkugeln, die teilweise schon sehr alt sind und von lieben Menschen stammen, die heute vielleicht nicht mehr da sind.

Achtsamkeit im Alltag

Achtsamkeit ist also viel mehr eine innere Haltung, eine Lebenseinstellung als eine Fertigkeit. Man kann sie üben, als fixe Größe in den Tag integrieren und so (wissenschaftlich erwiesen) neue Nervenbahnen im Gehirn anlegen – so wie man positives Denken trainieren und bisher mitgeschleppte Denk- und Verhaltensmuster auf diese Weise allmählich durch neue, sinnvollere Gewohnheiten ersetzen kann.

Dies braucht natürlich Zeit und vor allem regelmäßige Wiederholung, doch mit Geduld, Entschlossenheit, Neugierde und vor allem einem Ziel, das uns am Herzen liegt (z.B. durch Achtsamkeit mehr Zeit für sich selbst gewinnen oder sich weniger Sorgen zu machen), kann es uns gelingen, diese Grundhaltung zu verinnerlichen.

Der Gedanke, uns solch zeitliche Freiräume zu verschaffen, ist oft mit Ängsten verbunden.
Angst, noch mehr Zeit zu verlieren, vor dem totalen Kollaps, wenn ich der Erschöpfung nachgebe, vor Verlust von Arbeit oder Prestige oder vor der unbequemen Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann.
Doch auch solche Ängste überwindet man wiederum am besten mit Achtsamkeitspraxis. Sie zahlt sich aus und verändert tatsächlich die Biochemie des Körpers und wirkt sich – wie eben erwähnt – auf die Hirnstruktur aus.

Tipp: Dran bleiben! Lieber kurze Übungen oder Meditationen machen statt sich zu überfordern und aufzugeben, diese dafür regelmäßig und bewusst 😊 Achtsamkeit ist eine Lebensweise und ein Übungsinstrument zugleich. Falls man rückfällig wird, einfach wieder neugierig und offen von vorne beginnen und sich nicht dafür verurteilen. Viel mehr die eigenen Bemühungen und Fortschritte anerkennen!

Wann immer wir bemerken, wieder per Autopilot unterwegs zu sein, können wir uns bewusst dafür entscheiden auszusteigen, neu zu beginnen, uns den Alltag achtsamer zu gestalten und wieder mehr im Jetzt zu sein.

Wie gelingt das im Alltag? Indem ich mir gezielt Inseln der Achtsamkeit für mich selbst, im Umgang mit anderen und im Berufsalltag schaffe.

Hier einige Beispiele:

  • Immer wieder auf den Atem konzentrieren. Atem ist Lebensenergie und ein Anker, und schon die reine Beobachtung des Atems kann eine Verbesserung des Wohlbefindens bewirken. Wir vermitteln somit unserem Körper, in Sicherheit zu sein.
  • Routinetätigkeiten achtsam tun, so als machten wir sie zum ersten Mal: Duschen (den Körper nicht wie eine Maschine betrachten, die zu funktionieren hat, sondern ihn verwöhnen und damit den Puls beruhigen und das Nervensystem entspannen), Essen (achtsam kochen und sinnvoll genießen!), Tee trinken (Teezeremonie),… „Wenn ich gehe, dann gehe ich. Wenn ich Tee trinke, dann trinke ich einfach nur Tee.“
  • Meditieren, Yoga machen, Pilates, Tai Chi, sämtliche Arten von Körperübungen bzw. Bewegung, die wir gerne machen
  • Achtsam mit anderen kommunizieren, mir selbst dabei zuhören; gebe ich Raum und höre tatsächlich zu? Wie spreche ich? Wähle ich meine Worte aufrichtig, ohne punkten oder mich durchsetzen zu wollen? Ich-Botschaften senden und wirklich zuhören.
  • Zeitkiller ausschalten: speziell Internet!

Weitere Tipps für mehr Achtsamkeit im Alltag erfahrt ihr bei Bedarf gerne bei einem persönlichen Coachinggespräch.

Ich freue mich, falls jemand seine Erfahrungen mit dem Thema, die durch das eben Gelesene stimuliert worden sind, in den Kommentaren teilen möchte 😊

Genauso stehe ich jederzeit gerne für eure Fragen oder Anregungen zur Verfügung.

Ganz im Sinne der Achtsamkeit wünsche ich euch eine schöne, entschleunigte und friedvolle Weihnachtszeit <3

[1] Iding, Doris (2012): Der kleine Achtsamkeitscoach. Wie Sie im Jetzt ankommen und zu wahrer Gelassenheit finden. München: Gräfe & Unzer

[2] Collard, Patrizia (2016): Das kleine Buch vom achtsamen Leben. 10 Minuten am Tag für weniger Stress und mehr Gelassenheit. München: Wilhelm Heyne Verlag

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